"Der Dritte Mann"

Während der Dreharbeiten zu "Der Dritte Mann" machte sich Regisseur Carol Reed in Wien auf die Suche nach einer geeigneten Filmmusik. Sie sollte nicht nur zu Harry Lime passen, sondern auch die Stimmung in der vom Krieg verwüsteten Stadt vermitteln. Um die Geschichte der Entstehung der Filmmusik ranken sich zahlreiche Legenden, auch die erste Begegung zwischen Anton Karas und Carol Reed wird unterschiedlich wiedergegeben. Fest steht, dass aus dem Zusammentreffen dieser so unterschiedlichen Männer - der wiener Heurigenmusikant aus einfachen Verhältnissen und der gefeierte Starregisseur aus London - ein Musikstück entstand, das zu einer Sensation in der Musikgeschichte wurde.

Kurz vor Beendigung der Dreharbeiten ließ Carol Reed Anton Karas ins Hotel Astoria kommen und Karas mußte der versammelten Filmcrew stundenlang vorspielen. Zurück in London experimentierte Reed mit verschiedenen Möglichkeiten für eine Filmmusik, nichts stellte ihn jedoch zufrieden. Da erinnerte er sich an die Probeaufnahmen aus Wien und ließ Karas nach London kommen. Die Arbeit zur Filmmusik begann am 1.Juni 1949. 12 Wochen dauerten die Aufnahmen zur Filmmusik. Unermüdlich wurde komponiert und improvisiert, täglich bis zu 14 Stunden. Karas litt unter heftigem Heimweh und wollte mehr als einmal die Arbeit stehen und liegenlassen und Heim nach Wien. Aber Reed gab nicht auf, half ihm, förderte ihn, ließ ihn nicht fort. Endlich war die Arbeit fertig, da brach im Schneideraum ein Brand aus, der mehr als die Hälfte der fertig geschnitten Filmrollen samt Tonspur zerstörte. Anton Karas mußte die gesamte Tonspur noch einmal bespielen, Tag und Nacht wurde gearbeitet. Eine Woche vor der Premiere war der Film fertig. Als die letzten Zitherschläge verklangen fuhr Reed mit Karas in die Westminster Abbey und zündete eine Kerze an!

Entgegen der weitverbreiteten Meinung besteht die Filmmusik keineswegs nur aus dem "Harry Lime"-Motiv, sondern aus einem Potpourri verschiedenster Melodien, teils von Karas selbst komponiert, teils aus bestehenden Musistücken arrangiert und äußerst raffiniert der Handlung angepaßt.

Die Premiere wurde ein Riesenerfolg und die Zither, bisher in England nahezu unbekannt, auf einen Schlag populär. Der Erfolg der Filmmusik war sensationell - und für Anton Karas der Beginn seiner Karriere.

Mit Carol Reed, London, 1945
 
Beim Komponieren der Filmmusik
 

Harry Lime Theme